L1 Gastautor Loer löst keinen Fahrschein, zahlt aber das Essen

Unsere Welt beklagt die Verrohung der Gesellschaft, und den Verlust der guten Sitten. Bei genauerer Betrachtung beißt sich hier die Katze in den Schwanz, wird doch dem waschechten Kavalier heutzutage das Leben auf das unerträglichste erschwert. So er denn früher (früher: metasyntaktische Zeitangabe, die sich auf den Abschnitt der Vergangenheit bezieht, in dem noch alles besser war, sogar die Zukunft, und die eigenen grauen Schläfen noch nicht so ins Gewicht fielen) auf den Bus wartete, und im Augenwinkel eine junge Mutter erspähte, konnte er mit beherztem Griff den schweren Kinderwagen samt Lebendfracht in den Bus hieven, und in den Augen aller als Freund, Helfer und unschätzbar wertvolles Mitglied der Gemeinschaft glänzen.
Aber: Die Technik hat uns eingeholt. Die Zeiten ändern sich (leider nicht immer zum Besseren), und nun senkt der moderne Lenker eines Fahrzeugs im öffentlichen Personennahverkehr das Niveau der Trittstufe mit Hilfe der technischen Finessen seines Vehikels ab, und unsere junge Mutter aus vorangegangener Situation steuert ihren -dank Leichtmetallbauweise um ein Vielfaches einfacher manövrierbaren- Kinderwagen zielsicher in die wohldimensionierte Fahrgastzelle.
Jener Busfahrer erscheint als Galan im güldenen Glanze, der mit seiner schier grenzenlosen Rücksicht und Hilfsbereitschaft sowie unserer jungen Mutter an seiner Seite in den Sonnenuntergang einer technokratischen Welt segelt. Der Kavalier bleibt zurück, verbittert, findet doch sein Bestreben in Ermangelung einer Gelegenheit keine Umsetzung, und die Gesellschaft erfreut sich am frischgeborenen Misanthropen. Einmal kein Fortschritt - das wäre einer; so schmierten es die Spontis auf tristen Beton, und so möchte ich es dem geneigten Leser mit auf den Weg geben.
Ich danke Ihnen meine Damen und Herren.


Ersonnen und formuliert im Frühjahr
des Jahres 2002 im ewigen Gedenken
an die alte deutsche Rechtschreibung.



von: Lorenz Franck

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